Für Literaturbegeisterte bietet die kurze Zeit der Weimarer Republik ein breites Portfolio an interessanter Literatur. In den frühen 20er-Jahren war die Literatur oft noch vom Expressionismus der Vorkriegszeit geprägt. Im Zuge der Jahre wandeltet sich die vorherrschende Literatur in Richtung der sogenannten „Neuen Sachlichkeit“. Im folgenden Blogartikel wollen wir uns kurz mit den Merkmalen und Eigenschaften dieser Literatur befassen:
Der geschichtliche Hintergrund:
Um die Literatur aus der Zeit der Weimarer Republik (1918 – 1933) besser nachvollziehen zu können, muss man sich dem historischen Kontext/Hintergrund der damaligen Zeit zumindest in Grundzügen bewusst sein. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges wurde 1918 die erste Demokratie auf deutschem Boden ausgerufen. Von Beginn an war die junge Demokratie nicht stabil und wurde von verschiedenen Seiten bekämpft. Vor allem der im Jahre 1919 verfasste Versailler Vertrag schwächte die Demokratie, da die hohen Reparationsforderungen der Alliierten die wirtschaftliche Situation in Deutschland massiv verschlechterten. Im Jahre 1923 kam es dann auch noch zu einer Hyperinflation, was der Stimmung im Land und dem Ansehen der Demokratie an sich schadete. Vielen Menschen ging es schlecht. Hunger und Arbeitslosigkeit waren weit verbreitet. Auch wenn sich Konjunktur und Wohlstand in den „Goldenen Zwanzigern“ erholten, konnte sich die Demokratie nicht festigen. Die Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 stürzte die Weimarer Republik erneut in eine tiefe Krise, sodass viele Menschen arbeitslos wurden. Diese miserable Situation begünstigte den Aufstieg der Nationalsozialisten stark.
Die „Neue Sachlichkeit“:
In den Jahren der Weimarer Republik war vor allem die „Neue Sachlichkeit“ dominierend. Anders als die Literatur der Romantik oder des Sturm und Drangs, bedient sich die Literatur der Neuen Sachlichkeit vor allem an einer nüchternen und objektiven Beschreibung der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Umstände. Die Autoren verzichten dabei weitestgehend auf die Beschreibung von Gefühlen und Empfindungen, wie es zum Beispiel in der Romantik an der Tagesordnung ist.
Sprachlich bringt diese Art der Literatur einige Besonderheiten mit: Die Sprache der Neuen Sachlichkeit klingt in erster Linie wenig kunstvoll und vor allem wenig verspielt. Autoren schmückten ihre Texte kaum mit aufwendigen Stilmitteln und rhetorischen Figuren. Stattdessen setzte man auf eine realitätsbezogene, nüchterne und präzise Alltagssprache. Dies Texte ließen daher auch wenig Raum für Interpretationen, da sie präzise und genau die damalige Situation aus der Sicht des Betrachters darstellten. Autoren orientierten sich oft an einer journalistischen Schreibweise. Teilweise bauten sie Zeitungsartikel o.ä. in ihre Werke ein, um die Wirklichkeit besser abbilden zu können.
Themen der Neuen Sachlichkeit:
Der nüchterne und aufs Nötigste reduzierte Stil der Neuen Sachlichkeit war eine klare Abkehr von der stark subjektiven Literatur aus der Romantik oder dem Expressionismus. In die Zeit der Weimarer Republik fällt der Aufstieg der Massenmedien. So hatte auch die Breite der Gesellschaft einen Zugang zu Literatur und Kultur, was auch durch die gestiegene Alphabetisierungsrate in Folge der Industrialisierung begünstigt wurde. Der observierende Stil der Literatur sollte die Sichtweise der Leser gezielt beeinflussen und dem Leser eine neue Perspektive auf derzeitige Situation ermöglichen. Thematisch drehen sich viele Werke der Neuen Sachlichkeit um die Aus-/Nachwirkungen des ersten Weltkrieges, den technologischen Wandel und dessen Konsequenzen für die Gesellschaft oder den sozialen Missständen in der Weimarer Republik (z.B Armut, Hunger).
Die Literatur der Neuen Sachlichkeit befassen sich alle Literaturgattungen mit der genauen und präzisen Darstellung der Realität, um die Leser zum Beispiel auf bestimmte Missstände aufmerksam zu machen. Bekannte Werke der Neuen Sachlichkeit sind zum Beispiel:
- Angestellte (Kurt Tucholsky)
- Fabian – Die Geschichte eines Moralisten (Erich Kästner)
- Der Hauptmann von Köpenick (Carl Zuckmayer)